verbraucher

Abschlußbericht

TV-Test Verbrauchersendungen

Einleitung

(eine vollständige Fassung ist bei der Bundeszentrale für Politische Bildung erhältlich)

Mit der Ausweitung der Sendemöglichkeiten und -zeiten im deutschen Fernsehen ist in den vergangenen Jahren die Zahl der verbraucherorientierten Ratgeber- und Servicebeiträge und -sendungenstark angestiegen. Dabei differieren die Sendeformen in großem Maße: vom Frühstücksmagazin bis zur Verbrauchershow, vom Umweltmagazin bis zur als Verbrauchersendung getarnten Dauerwerbesendung einer Großbank und vom Boulevardmagazin bis zu extrem spezialisierten Fachsendungen für Computernutzer, Garten- und Tierfreunde reicht die Palette, die stichprobenartig im Herbst 1998 einer Programmbeobachtung unterzogen wurde. Mehr als 100 Stunden Aufzeichnungen von über 40 Sendeformaten lagen der Programmbeobachtung zugrunde.

Früh stellte sich angesichts dieser enormen Menge die Frage nach der Eingrenzung von Auswahlkriterien für eine intensivere Beobachtung.

Zentral für die Eingrenzung der einzelnen Sendeformate ist daher eine Unterscheidung in „harte“ und „weiche“ Verbraucherinformation - im folgenden synonym auch verwendet die Unterteilung in „Ratgeber“-Information und „Service“-Information. „Harte“ Verbraucherinformation ist vor allem gekennzeichnet durch die Vermittlung von Fakten, die ihrerseits wiederum konkret handlungsrelevant und problemlösungsbezogen für Betroffene oder interessierte (potentiell betroffene) Publikumsteile sind. In diesem Sinne folgt der Autor dem sogenannten „Risiko-Ansatz“ nach Diller, auf den schon Ronneburger/Eichele/Hamm/Koller in ihrer Arbeit über Verbrauchersendungen im Fernsehen von 1982 rekurrieren. Darunter zu verstehen ist - kurz zusammengefaßt - ein subjektiv empfundenes Risiko beim Konsum, das - je größer es empfunden wird - die Informationsbereitschaft und Informationswilligkeit der Konsumenten steigert, mithin das Interesse an konkreten Informationen zur Absicherung eines Kaufentscheides oder zur Vermeidung anderweitiger wirtschaftlicher Nachteile weckt.

Demgegenüber stehen die hier so genannten Service-Informationen („weiche“ Informationen) aus dem eher unverbindlichen Themenspektrum allgemeiner Fragen der Lebenshilfe (etwa: „was tun bei Schnupfen?“, Kochrezepte, Bastel- und Dekorationsanleitungen). Ein Beispiel für eine derartige Sendung ist das „ARD-Buffet“. Entsprechend wurden Servicesendungen in der Folge nicht mehr systematisch in die Beobachtung einbezogen.

Zur weiteren Eingrenzung der zu beobachtenden Sendungen wurde schließlich darauf verzichtet, auch die eher allgemeinen Magazine weiter zu beobachten, auch wenn hier hin und wieder doch einzelne Beiträge und Studiogäste sicherlich verbraucherrelevante Themen über den Bildschirm transportierten. Die „Streuverluste“ für die Programmbeobachtung waren an dieser Stelle zu hoch.

Schließlich wurden drei Präsentationsformen intensiver beobachtet und auf ihre verbraucherpolitische Relevanz überprüft. Diese Kategorien waren:
1. ) die klassischen Wirtschaftssendungen mit Verbraucherthemen
2. ) die expliziten Ratgeber- und Verbrauchersendungen
3. ) die neuartigen „Verbrauchershows“

Wirtschaftssendungen mit Verbraucherthemen

Diese Sendungen sind gekennzeichnet durch eine Mischung aus Wirtschaftsthemen und verbraucherorientierten Themen. Beispiel: „WiSo“ (ZDF). Die Definition dieser Kategorie erfolgt von der historischen Genese dieser Sendungen her. Ursprünglich hatten die öffentlich-rechtlichen Sender reine Wirtschaftsmagazine, deren Berichterstattung sich vor allem um Fragen der Wirtschafts- und Sozialpolitik drehte und die Berichte aus der Wirtschaft/aus den Unternehmen beinhalteten. Seit Anfang der achtziger Jahre hat sich die Perspektive dieser Sendungen zunehmend verändert. Unter dem Druck, größere Publikumsgruppen zu erschließen, haben sie zunehmend die Berichterstattung um verbraucherrelevante Themen ausgeweitet. So gesehen wurden sie publikumsnäher.

Explizite („klassische“) Ratgeber- und Verbrauchersendungen

Hierunter fallen vor allem die Sendungen, die erklärtermaßen mit einem verbraucheraufklärerischen Impetus antreten, dies aber in Form einer sachlichen (Magazin)-Berichterstattung tun (zum Unterschied zu den „Verbrauchershows“). Sie richten sich explizit an das Publikum in seiner Eigenschaft als Verbraucher und beinhalten in erster Linie Berichte beratender Art und in Hinblick auf konkrete Beschaffungsentscheidungen (Marktübersicht, Verbraucherrecht, Produkt- und Dienstleistungstests, Warenkunde). Beispiel: „Infomarkt“ (SÜDWEST-Fernsehen).

Zu einem großen Teil stehen diese Sendungen im Zeichen eines spezifischen Sachgebietes, werden aber von den Sendeanstalten zu Reihen zusammengefaßt (z.B. beim „ARD-Ratgeber“ mit Themen wie „Geld“, „Technik“, „Auto“). Insofern wird die Reihe weitgehend als Ganzes als „klassische Verbrauchersendung“ betrachtet. Als Ausnahmen gelten hier Spezialsendungen zu den Themen „Reise“, „Gesundheit“ und „Auto und Verkehr“. Hier sind sich Autor und Auftraggeber im Vorhinein darüber einig geworden, diese Sendungen nicht unmittelbar zu dem zu untersuchenden Kreis zu zählen, weil deren Berichterstattungsspektrum zu speziell bestimmte Bedürfnisse befriedigt und zu großen Teilen auch nicht unmittelbar Verbraucherbelange betrifft, wenn z.B. beim Thema „Gesundheit“ Marktprobleme nur in den seltensten Fällen thematisiert werden, Sendungen zum Thema „Reisen“ mehr und mehr aus subjektiven Ferienzielbeschreibungen bestehen und Fragen der Verkehrspolitik und der Verkehrssicherheit die Berichterstattung zum Thema „Auto und Verkehr“ dominieren.

Verbraucherrelevante Themen zu den einzelnen Themen (z.B. Reisereklamationsrecht, Warentests Autoreifen, billige Generika) finden in der Regel ihren Weg auch in die allgemeine Verbraucherberichterstattung anderer hier zu beobachtender Sendungen. Nichtsdestoweniger - es sei hier erwähnt - gibt es immer auch Abgrenzungsprobleme, die subjektiv vom Verfasser gelöst wurden.

Für die abschließende Betrachtung wurden im Rahmen dieser Sendereihen exemplarisch einige Schwerpunktsendungen in die Bewertung mit aufgenommen, die am ehesten noch „harter“ Verbraucherinformation nahe kamen, so Sendungen zum Thema Geld und Finanzen, Bauen und Wohnen und Technik („ARD-Ratgeber: Technik“, der von der Unterhaltungselektronik bis zum Hausausbau ein besonders breites Themenspektrum abdeckt).

„Verbrauchershows“

Hier handelt es sich um verbraucherorientierte Sendungen vor Publikum mit Show-Effekten oder Studiogespräche mit Betroffenen und Studiogästen. Obwohl nicht alle der hier subsumierten Sendungen mit Showelementen arbeiten, wie etwa „Ein Fall für Escher“ (MDR Fernsehen), und es bisher noch keine allgemeingültige Begriffsbestimmung für dieses Genre gibt, behelfen wir uns im Folgenden mit dem nicht ganz passenden Begriff „Verbrauchershow“, der deshalb in Anführungszeichen gesetzt werden soll.

Hier steht der Einzelfall/das Einzelschicksal im Mittelpunkt, aus dem im günstigsten Fall das Allgemeine/das Allgemeininteressierende für das Publikum herausdestilliert wird. Der journalistische Ansatz ist hier der des anwaltschaftlichen Einsatzes für Verbraucherinteressen. Die Redaktion und Moderation geriert sich als Anwalt der Betroffenen. Beispiel “Jetzt reicht’s“/SAT 1 (inzwischen eingestellt).

Zu den Kriterien der Programmbewertung

Diese so eingegrenzte Basis für die Programmbeobachtung sollte nach einem von der Stiftung Verbraucherinstitut in Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale für Politische Bildung ausgearbeiteten umfangreichen Kriterienkatalogausgewertet und kategorisiert werden.

Zunächst einmal ein zentrales Einordnungskriterium war die Rechtsform des Senders: ob öffentlich-rechtlich oder privat. Darüberhinaus ist - soweit das erkennbar gewesen ist - bei den Sendungen im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Programme auch noch darauf geachtet worden, inwiefern diese Sendungen von Auftragsproduzenten hergestellt wurden (Angaben dazu in den jeweiligen Tabellen).

Die Form der Präsentation ist für diesen Bericht, der ja verallgemeinernd ist, weniger relevant, handelt es sich doch bei den beobachteten Sendungen durchweg um Fernsehmagazine mit der vollen Variationsbreite von Machart ( unterhaltend, nüchtern usw.), Länge und Visualisierung. So findet sich praktisch jedes der angesprochenen Kriterien, von der Langatmigkeit bis zum pfiffig illustierten Sachverhalt über die Sendungen verteilt wieder, ohne daß dies an dieser Stelle eigens hervorgehoben werden müßte.

Dagegen spielte dieses Kriterium eine wichtige Rolle bei der Auswahl von Beiträgen, die vom Autor im Rahmen der Tagung der Bundeszentrale für Politische Bildung als Beispiele „gut gemacht oder gut gemeint“ (so der Titel des Panels) vorgeführt wurden.

Des Weiteren war bei der Beobachtung auf die Art der Präsentation zu achten. Darunter zu verstehen war inwiefern allgemeine Problemdarstellung oder die Präsentation von Einzelfällen Grundlage für die Beiträge waren, ob Experten und auch Verbraucher in die Sendung einbezogen wurden (letztere eventuell auch live oder im Rahmen von Phone-In-Elementen).

Zentralen Stellenwert für die Beurteilung der gesichteten Sendungen hatten die Kriterien, die unter der Kategorie „Informationswert“ subsumiert worden waren. Dabei ging es um Fragen nach der Qualität der Sachinformation (etwa nach der sachlichen Richtigkeit, oder der Handlungsrelevanz, bzw. der generellen Relevanz der Inhalte), nach Verbraucheraufklärung (Lerneffekte, fachübergreifende Zusammenhänge).

Ein weiterer Punkt betraf die Versorgung der Zuschauer mit Begleitmaterial. Hierbei ging es sowohl um die Verbreitungsmedien (Publikationen, Faxabruf, Internet) als auch um die Frage, ob es sich hierbei um ein Zusatzgeschäft der Sender handelt. Letzteres konnte weitgehend verneint werden. Selbst bei den teuren 0190-er-Servicenummern ging der private Erlös in der Regel an private Teledienstleistungsunternehmen, die den Service im Auftrag der Sender betrieben.

Auf eine ursprünglich vorgesehene Beurteilung der Qualität des Begleitmaterials mußte sowohl aus Gründen des Aufwandes, als auch aus technischen Gründen („Verfallszeiten“ der Faxabrufinformationen und Videotexttafeln bei nicht zeitnaher Sichtung der aufgezeichneten Sendungen) verzichtet werden. Insofern beschränkt sich der Bericht hier nur auf die Nennung der unterschiedlichen Abforderungsmöglichkeiten für Begleitmaterial in tabellarischer Form im Anhang an die Beschreibung der jeweiligen Sendungen, z.T. mit ausführlicher Nennung der Internet-Seite, z.T. aber auch nur bei der Einordnung der Telefon- und Fax-Abrufnummern auf die Nennung von mehr oder weniger kostengünstigen Vorwahlnummern.

Ein weiteres Kriterium unter dem Stichpunkt „Informationswert“ ist die Frage nach dem Service in der Sendung.Hier geht es vor allem um die Einbeziehung von Experten in den (live)-Ablauf der Sendung. D. h. um Studiogespräche mit Experten, um Phone-in-Elemente und die Freischaltung einer Hotline.

Schließlich war für die Beobachtung von Interesse, welchen Standpunkt die Redaktion in Ihrer Sendung vertritt: eine eher anwaltschaftlich für den Verbraucher orientierte Position, eine eher sachlich-übergeordnete Position oder weitere Kriterien (anwaltschaftlich für den Produzenten oder Dienstleister, „ökologisch“, im Sinne des Gemeinwohls). Wenn nicht anders erwähnt, traf der sachlich-übergeordnete Standpunkt zu.

 Interessant für die Auftraggeber war natürlich die Frage, inwieweit Verbraucherorganisationen an den Beiträgen mitgewirkt haben - in der Regel als Themengeber oder auch als Informationsquelle bis hin zum Interviewpartner und inwieweit diese Organisationen dann auch explizit genannt wurden. Es darf festgehalten werden, daß regionale Verbraucherorganisationen (Verbraucherzentralen), die Stiftung Warentest und deren Publikationen zu den dominierenden Informationsquellen gezählt haben und in der Regel auch genannt wurden.

Ein letztes Kriterium bezog sich auf die Einbeziehung von Anbietern von Produkten und Dienstleistungen. Hier sollte darauf geachtet werden ob dies einer Imageverbesserung oder einer Kritik diente und ob die Anbieter zu den Werbekunden des Senders gehörten. Letzteres festzustellen, war nicht leistbar, weil dies entweder eine lückenlose Programmbeobachtung, vor allem der Werbeblöcke, bedeutet hätte oder doch zumindest aufwendige Einzelrecherche in den Werbeabteilungen von Sendern oder Anbietern oder bei Mediaplanern. Dagegen läßt sich feststellen, daß insbesondere in den Sendungen, in den Einzelfalldarstellungen von Verbraucherproblemen vorkamen, sich die Redaktionen in guter journalistischer Handwerkstradition bemüht haben, auch die Stellungnahmen der Anbieter einzuholen, sei es in Form von Statements für die Filmbeiträge, sei es als Einladung als Studiogast.

 Zusammenfassung der Ergebnisse aus der Programmbeobachtung

Generell kann gesagt werden, daß die im Kriterienkatalog implizit geäußerten negativen Arbeitshypothesen, etwa von der mangelnden sachlichen Richtigkeit oder der anwaltschaftlichen Orientierung an den Interessen von Produzenten und Dienstleister nicht bestätigt werden konnten. Einmal abgesehen vom Sonderfall einer als „Verbrauchersendung“ deklarierten Dauerwerbesendung der Commerzbank auf dem Nachrichtensender n-tv war nahezu an keiner Stelle festzustellen, daß Verbraucherinteressen gegenüber den Interessen von Anbietern von Produkten oder Dienstleistungen zurückgestellt wurden. Eher das Gegenteil war der Fall: die kritische und weitgehend faire Auseinandersetzung mit Angeboten war die Regel. Als Ausnahme sei an dieser Stelle verwiesen auf die Ausführungen zur Sendung „Telethek“ des Mitteldeutschen Rundfunks.

Aufgefallen war dagegen an einigen Stellen eine etwas überzogene Identifizierung der Autoren und Redaktionen mit vermeintlichen Verbraucherinteressen wo vielmehr angebracht gewesen wäre, auch einmal auf die Pflichten und die Eigenverantwortung der Verbraucher hinzuweisen.

Ein wichtiges Kriterium war die Darstellungsform als Einzelfall oder als allgemeines Problem. Angesichts der zunehmend vorherrschenden Tendenz im Journalismus zur Personalisierung von Sachverhalten muß festgehalten werden, daß sich nach Einschätzung des Autors keine übermäßige Einzelfalldarstellung ergeben hat - wenn man einmal von der Ausnahme der Sendeformate absieht, die in der Folge unter „Verbrauchershows“ subsumiert werden. Ansonsten hielten sich Einzelfalldarstellungen und allgemeine Problembetrachtung in etwa die Waage.

Naturgemäß bietet sich gerade bei Verbrauchersendungen, in denen sehr oft komplexe, schwer zu visualisierende Themen umgesetzt werden müssen, die Verankerung eines Problems an einer konkreten Person an. Im Großen und Ganzen muß aber gesagt werden, daß sich die meisten Autoren bemüht haben, die Person nur als Vehikel für eine Verallgemeinerung des Problems einzusetzen. In manchen Fällen wurden sogar für solche Zwecke (Laien-)Schauspieler eingesetzt, um anhand einer fiktiven Geschichte das zugrunde liegende Problem zu visualisieren.

 Anders allerdings die Situation bei den „Verbrauchershows“. Hier ist die reale Einzelfalldarstellung praktisch konstituierendes Element der Dramaturgie mit allen Folgen für die allgemeine Relevanz des Themas für die Zuschauer.

Die Frage der Relevanz für die Zuschauer überhaupt konnte - abgesehen von den „Verbrauchershows“ - weitgehend positiv beurteilt werden. Die Redaktionen bemühten sich Themen aufzubereiten, die für jeweils große Kreise der Bevölkerung praktische Bedeutung haben. Mache Themen hatten sogar richtiggehend „Konjunktur“. Sie fanden sich gleich in mehreren Sendungen und dort wiederum in höchst unterschiedlichen Darstellungsformen wieder: so etwa das Problem des Tarifdschungels bei den Autoversicherern oder neuartige Altersvorsorgefonds.

Als Ausreißer von der allgemeinen Relevanz wäre hier vielleicht zu nennen ein Bericht über Gesundheitsgefahren von Tätowierungsfarben ausgerechnet im ARD-Umweltmagazin „Globus“. Anders gelagert die Problematik in einem Bericht in der Sendung „WiSo“.Hier wurde Dauer der Wartezeit auf und Art von Nothilfe in steckengebliebenen Aufzügen in verschiedenen öffentlichen Gebäuden in Düsseldorf getestet. Dabei wurde kaum deutlich, welchen Erkenntnisgewinn das für die Zuschauer bringen sollte, die an anderen Orten der Republik in die gleiche Notlage geraten sollten - oder selbst in den besuchten Gebäuden zu anderen Tageszeiten.

Die Einbeziehung von Verbrauchern in die Sendungen hatte unterschiedliche Formen. Zum Einen gab es Einspielfilme, die auf Informationen aus dem Publikum basierten. Zum Teil wurde dann mit den Informanten als Protagonisten das Problem visualisiert. Dann gab es Sendeformen, die vor Studiopublikum aufgezeichnet bzw. ausgestrahlt wurden, wobei das Publikum mehr oder minder reine Staffage war oder einzelne Zuschauer lediglich mit eher belanglosen Fragen kurz in den Ablauf der Sendung eingebunden wurden („Infomarkt“).

Insbesondere die „Verbrauchershows“ arbeiteten vor allem aus dramaturgischen Gründen mit Studiopublikum. Eine interessante Variante der Einbeziehung von Verbrauchern zeigte wiederum „Infomarkt“ in Form von öffentlich aufgezeichneten Fragen. Schließlich gab es eine Reihe von unterschiedlichen „Phone-In“-Elementen in den diversen Sendereihen: von kurzen Blöcken bis hin zu kompletten Sendungen.

Nur wenige Sendereihen (insbesondere „WiSo“ und „Infomarkt“) stellten im Übrigen ihre eingeladenen Experten über die Dauer der Sendung hinaus den Zuschauern für telefonische Rückfragen zur Verfügung.

Gerne griffen die Autoren auf die Mitwirkung der Verbraucherzentralen und der AgV zurück. Dabei wurde auch immer die entsprechende Organisation genannt. Nicht selten sogar wurde der Sachverstand der Verbraucherzentralen auch aus Bundesländern abgefordert, die nicht zum Einzugsbereich des produzierenden Veranstalters gehören (etwa Experten der VZ Düsseldorf in Magazinbeiträgen des Bayerischen Rundfunks). Darüberhinaus gab es Kooperationen mit anderen spezialisierten Verbänden (z. B. Deutscher Mieterbund) und Institutionen, aber auch mit Zeitschriften („Computer-Bild“, „Öko-Test“). Die dabei zwangsweise fällige Cross-Promotion ist nicht übertrieben aufgefallen und damit unter den heutigen Gesetzmäßigkeiten des Medienmarktes durchaus als legitim zu betrachten.

Im Großen und Ganzen wurden Experten von allgemein bekannten Verbänden und Institutionen als Gesprächspartner für Pro- und Contra-Positionen herangezogen oder zur Erläuterung von Sachverhalten. Nur in Einzelfällen stammten die Experten von Verbänden oder Institutionen, deren Einordnung einem durchschnittlich informierten Publikum nicht möglich war und wo auch die Redaktion keine zusätzlichen Orientierungsinformationen lieferte (so in „ARD-Ratgeber: Technik“ zum Thema Bauschäden in Häusern aus 2. Hand).

Eine weitere Ausnahme bildet hier die Sendung „n-tv Geld“ vom gleichnamigen Nachrichtensender, in der gerne auf „Experten“ aus Geschäftsbanken zurückgegriffen wird.

Je erklärungsbedürftiger ein dargestellter Sachverhalt ist, um so notwendiger ist die Begleitinformation. Seien es komplizierte juristische Abläufe oder die Bauanleitung für ein Bettpodest. Im flüchtigen Medium Fernsehen läßt sich nicht alles bis ins Detail darstellen.

Schon seit Langem warten Ratgebersendung im deutschen Fernsehen daher mit Begleitmaterial auf. Dies ist sicherlich eine adäquate und oft genug auch notwendige Ergänzung. In der letzten Zeit nimmt die Tendenz zu weiterem Hintergundmaterial zu, nicht zuletzt befördert durch neue technische und kostengünstige Möglichkeiten wie etwa dem Fax-Abruf, dem Internet oder auch Begleitmaterial auf CD-ROMs. Damit einher geht ein Trend zur Kommerzialisierung der Begleitmaterialien. Das geschieht weniger, um neue Finanzierungsquellen zu erschließen, mehr um die Kostendeckung für den Aufwand zu erreichen. Zum Teil wird dieser Service von den Sendeanstalten - insbesondere auch den öffentlich-rechtlichen - an auswärtige Dienstleistungsunternehmen vergeben, weil diese über entsprechendes Know-how, personelle Kapazität und technischen Einrichtungen verfügen.

So ist zu erklären, daß die Mehrzahl der Sendungen, die Hintergrundinformationen via Fax-Abruf anboten, dieses über die teuren 0190-Service-Nummern der Telekom taten, bei denen der Dienstanbieter neben der Telekom an den fälligen Gebühren beteiligt wird. Zumeist wurde auf diese Servicenummern lediglich in Einblendungen oder Schautafeln hingewiesen, ohne allerdings wenigstens ansatzweise über den seitenmäßigen Umfang des angebotenen Hintergrundmaterials zu informieren. Letzteres ist angesichts der hohen Minutengebühren ein nicht zu unterschätzendes Kriterium. Auch war nirgendwo ein Hinweis auf das „Verfallsdatum“ angegeben, bis zu dem auch Informationen zu länger zurückliegende Sendungen abzurufen gewesen wären.

Nur noch sehr wenige Sendungen boten ihre Informationen über die weitaus kostengünstigeren 0180-Nummern an. Anzumerken sei an dieser Stelle vielleicht noch, daß das, was früher einmal als preiswerte Servicenummer für die Zuschauer gedacht war (namentlich die 0180-Nummern), sich angesichts des Preiskampfes auf dem Telefonmarkt inzwischen als teuer erweist. So stellen sich beispielsweise die ganz regulären Service-Nummern des Hessischen Rundfunks (Vorwahl 069) selbst für Zuschauer, die tagsüber analog über Fernleitung via Deutsche Telekom - dem nach wie vor teuersten Anbieter für innerdeutsche Ferngespräche - in Frankfurt anrufen, als preisgünstiger dar als ein Anruf über die Vorwahl 01805 (36 Pfg. gegenüber 48 Pfg. pro Minute).

Soweit die Sender Videotext ausstrahlen, wird natürlich gerne der Videotext als zusätzliches, wenn auch spartanisches Begleitmedium genutzt.

Großer Beliebtheit erfreut sich das Internet, das den Vorteil bietet, daß Begleitinformationen hier mit ebenso geringem Aufwand bereitgestellt werden können wie beim Fax-Abruf, mehr noch: mit Hyperlinks auch auf ergänzende Informationen und Kontaktadressen im Netz hingewiesen und Multimediaelemente verbreitet werden können. Außerdem befreit es die Redaktion vom physischen Aufwand der Distribution. Schließlich bietet sich wiederum im Internet an, größere Mengen an Hintergrundinformationen auch zu länger zurückliegenden Sendungen, zum Sendungskonzept, Redakteuren und Moderatoren anzubieten und über eine spezielle e-mail-Adresse auch den direkten Kontakt mit den Zuschauern und ihren Bedürfnissen aufzunehmen.

Daneben gab es noch einige Sendungen, die den Zuschauern weiterführende Informationen auch über einen telefonischen Ansagedienst bereitstellten oder ein eigenes Info-Telefon für die Kontaktaufnahme mit der Redaktion, Fragen zur Sendung oder Anregungen unterhielten. Näheres zu den Begleitinformationen in den einzelnen Beschreibungen der begutachteten Sendungen.

 Elektronisches Begleitmaterial zu laufenden Sendungen in Form von CD-ROMs bietet vor allem „WiSo“, hervorgegangen aus den ehemaligen Begleitdisketten. Die Vermarktung wird einem kommerziellen CD-ROM-Verlag überlassen. Darüberhinaus vermarktet die Redaktion ihr Siegel noch bei anderen CD-ROM-Verlagen bei aufwendigeren Computerprogrammen, etwa dem „WiSo-Sparbuch“ zur Steuererklärung. Auch andere Sendungen, wie etwa der „ARD-Ratgeber: Geld“ vom Bayerischen Rundfunk produziert Begleit-CD-ROMs zur Sendung.

Gelegentlich waren auch Verweise auf Bücher zu finden, die von den Moderatoren einzelner Sendereihen verfaßt worden sind. In diesem Sinne berühmt ist schon seit Langem WDR-Redakteur Jean Pütz mit seinen Begleitbüchern zur „Hobbythek“ (die hier aber bis auf eine spezielle Ausgabe zum Thema Fernsehtechnologie und Telekommunikation nicht weiter Erwähnung nicht weiter findet). Auch Maria von Welser und in fast schon penetranter Form der Moderator des „ARD-Ratgeber: Geld“, Wolfgang Friedrich verweisen in Ihren Sendungen auf von ihnen geschriebene Begleitbücher zur jeweiligen Sendereihe.

Letztlich bleibt noch die aufgeworfene Frage nach der Kritik am vorherrschenden Konsumismus in der Verbraucherberichterstattung. Leider ließen sich keine Hinweise darauf finden, daß in den Redaktionen ein verstärktes Bewußtsein für die Problemlage herrscht. Konsum ist quasi Grundbedingung für Verbraucherberichterstattung. Er wird nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Sinn oder Unsinn bestimmten Konsums werden nur selten und oberflächlich angesprochen, etwa wenn die Wasserqualität deutschen Trinkwassers mit der von Mineralwasser verglichen wird („natur-Trend“). Hier bietet sich in der Tat noch ein Ansatzpunkt für zukünftige Einwirkungen von Verbraucherverbänden auf die Medien.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach dem Stellenwert ökologischer Gesichtspunkte bei der Verbraucherinformation. Er scheint nachrangig zu sein. Am ehesten sind ökologische Aspekte noch vertreten in Spezialsendungen: naturgemäß in Ratgebersendungen und Beiträgen, die sich mit Natur und Garten befassen, in Ansätzen auch in Gesundheitssendungen und stärker in Sendungen und Beiträgen, die sich mit Fragen des Bauens und Wohnens befassen. Baubiologie liegt ja im Trend und hier lassen sich auch für Heimwerker zahlreiche ökologische Erkenntnisse als Alternative umsetzen.

last update Sonntag, 12. Februar 2012